Kraftakt im laufenden Betrieb

Kraftakt im laufenden Betrieb

VON THOMAS SPECKMANN

Barnstorf Normalerweise verschickt die Einkaufsabteilung der Firma BARKU ihre Bestellungen per Mail oder Fax. Aber für den jüngsten Großauftrag ist der Geschäfsführer höchst persönlich nach München gereist. “Bei solchen Verträgen ist es am Besten, wenn man sich in die Augen schaut”, sagt Wolfgang Czerny. In der Zentrale von Krauss-Maffei, einem der weltweit führenden Maschinenbauunternehmen für die Kunststofftechnik, hat der Barnstorfer Firmenvertreter einen Deal im Wert von rund einer Million Euro perfekt gemacht. Das ist der Preis für zwei neue Spritzgussmaschinen, sowie einen neuen Extruder. Sie sind ein Beleg für die Expansion des heimischen Betriebes.

Vor einem Jahr wäre eine solche Ausweitung der Produktionskapazitäten aufgrund des fehlenden Platzes kaum möglich gewesen. Doch mit der Standortverlagerung in das Gewergebiet Immenzaun eröffnen sich für die Barnstorfer Kunststofftechnik, kurz BARKU, ganz neue Perspektiven. Sechs Hallen sind auf dem rund sechseinhalb Hektar großen Gelände an der Robert-Bosch-Straße entstanden. Hinzu kommt ein zweigeschossiges Verwaltungsgebäude, das voraussichtlich Ende März 2020 fertiggestellt werden soll.

Das mittelständische Unternehmen investiert eigenen Angaben zufolge rund 15 Millionen Euro in den neuen Standort. Die Weichen für die Zukunft sind schon vor vier Jahren gestellt worden. In nur zehn Monaten Bauzeit enstand auf der grünen Wiese eine 5400 Quadratmeter große Halle für die Produktion von Rohren und Profilen, die bis dato am Firmensitz an der Lubingsstraße angesiedelt war. “Hier steht nun eine der modernsten Extrusionsanlagen Norddeutschlands”, berichtet der Geschäftsführer.

Der nächste Kraftakt folgte im Laufe dieses Jahres mit der Errichtung von weiteren fünf Hallen mit einer Gesamtfläche von 10000 Quadratmetern. Sie bieten optimale Voraussetzungen für Extrusion, Spritzguss und Montage der Kunststoffteile sowie für ein feuerfestes Werkzeuglager. Der letzte Fertigungsbereich wurde vor wenigen Wochen in Betrieb genommen. Somit konnte die gesamte Produktion nach nur zwölfmonatiger Bauzeit von der Lubingstaße an die Robert-Bosch-Straße umziehen.

„Im Endeffekt war die Spritzgussproduktion nur zwei Wochen unterbrochen“, berichtet Prokurist Marco Holste, der in enger Abstimmung mit den einzelnenen Abteilungen einen detaillierten Umzugsplan erstellt hatte. Dabei mussten die Beteiligten auch an die Kundschaft denken. Vor der Demontage der Maschinen wurden diverse Artikel, etwa Wasserauffangschalen für die Tierhaltung, vorgefertigt, damit es während der Störung des laufenden Betriebes nicht zu Lieferengpässen kommt.

Die großen Spritzgussmaschinen seien teilweise zerlegt worden, um sie mit Hilfe einer Fachfirma zum neuen Standort befördern zu können. Anlaufschwierigkeiten habe es bei der Wiederinbetriebnahme nicht gegeben, so Holste weiter. Die Mitarbeiter hätten sehr gut mitgezogen, sodass der bisherige Umzug reibungslos über die Bühne gegangen sei. Der neue Standort bietet auch Vorteile für die Belegschaft, etwa bessere Lichtverhältnisse, eine angenehmere Geräuschkulisse im produktiven Bereich und neue Sozialräume.

Neubau haben wir auf eine extrem hohe Hallenhöhe geachtet“, ergänzt Czerny und verweist auf die langen Ausleger der Maschinen. Der Trend gehe zu immer größeren Spritzgussmaschinen, um noch größere Teile produzieren zu können. Das Unternehmen habe bereits entsprechende Anfragen aus verschiedenen Branchen. “Aber unser Hauptbetätigungsfeld ist und bleibt die Landwirtschaft”, betont der Geschäftsführer.

Der neue Standort soll sich auch in energetischer Hinsicht auszahlen. Neben zentralen Heizungsanlagen mit Wärmerückgewinnung spiegelt sich der Nachhaltigkeitsgedanke in der Produktion wider. „80 Prozent unserer Produkte bestehen aus Recyclingmaterial“, berichtet Czerny. Die Kunststoffe würden aus der Industrie eingekauft. Hinzu kämen aufbereitete Reste aus dem eigenen Betrieb, so dass so gut wie keine Abfälle entstünden.

Die Produktion läuft inzwischen auf vollen Touren. Sobald die Verwaltung im Frühjahr umgezogen ist, können die Mitarbeiter den alten Standort an der Lubingstraße komplett auflösen. Die Nachnutzung ist längst geregelt. Die benachbarte Maschinenfabrik Lubing übernimmt sämtliche Gebäude und kann sich somit an ihrem Standort ausdehnen. Eine Win-Win-Situation für die beiden Geschäftspartner.

Die Firma BARKU beliefert Lubing mit hochwertigen Kunststoffteilen für Tränke-, Förder- und Klima-Systeme. Sie finden Einsatz in der Geflügel- und Schweinehaltung. Die Kunden sitzen nicht nur in Deutschland und Europa. Neben den USA, Russland, China und den Golfstaaten rücken zunehmend afrikanische Länder in den Fokus. Dort wird mit einem weiteren Ausbau der Tierhaltung gerechnet, was sich in der Nachfrage nach Stalleinrichtungen niederschlagen dürfte.

Mit einem Jahresumsatz in Höhe von rund 35 Millionen Euro sieht sich das heimische Unternehmen auf einem guten Weg. Zurzeit stehen bei BARKU und ihrer Tochterfirma Protec insgesamt 125 Mitarbeiter in Lohn und Brot. Wolfgang Czerny, Marco Holste und Florian Borchers, der bisher am Produktionsstandort in Cleveland/USA tätig war und seit Juli die Geschäftsführung in Barnstorf verstärkt, blicken optimistisch in die Zukunft: “Mit unserem neuen Standort haben wir jetzt alle Möglichkeiten.”

Quelle: Diepholzer Kreisblatt